Champagne: Erntereport 2023

Veröffentlicht am Montag 02. Oktober 2023

Champagne: Erntereport 2023

Die Erntemenge war riesig! Von der Blüte bis zur frühen Reife verlief das Jahr ideal. Fäulnis, Essigfliege und mangelnde Reife setzten vielen Winzern dann aber doch noch sehr zu. Die Stimmung reicht von sehr zufrieden bis überaus enttäuscht.

Bernhard Meßmer

Bernhard Meßmer

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Vom 18. bis 22. September 2023 war ich in der Champagne unterwegs, um mir einen Eindruck über die Ernte 2023 zu verschaffen. Zu diesem Zeitpunkt waren viele Winzer mit dem Einbringen der Trauben bereits fertig oder befanden sich in den letzten Zügen. Die Ernte dauert bei den meisten Betrieben nicht mehr als 10 bis 12 Tage. Der offizielle Start der Lese war der 2. September in Montgueux. Auf einem großen, sich nach Süden erstreckenden Hang wachsen dort im Süden der Champagne früh reifende Chardonnay Trauben. Montgueux ist immer einer der ersten Orte, in denen losgelegt werden kann. In den nördlicher gelegenen Bereichen startet die Ernte ein paar Tage später. 

Die Ernte 2023 war im Rahmen der letzten warmen Jahre ab 2018 (mit Ausnahme 2021) ungewöhnlich. Sie war dieses Mal aufgrund der außergewöhnlich hohen Menge an Trauben besonders lang. Zudem bestand die Notwendigkeit einer genaueren Auslese angesichts von etwas, wenn auch nicht gravierender Fäulnis, Pilzerkrankungen und dem Befall durch die Kirschessigfliege, was zusätzlichen Arbeitsaufwand bedeutete. Anfang September war es dazu mit über 30 °C heiß. Viele Erntehelfer dürften sich dieses Jahr besonders auf das Ende der Ernte und das Abschlussfest gefreut haben.

Die Winzer konnten fast alle die zugelassenen Höchstmengen produzieren und zusätzlich ihre Reserven an Wein im Keller weiter auffüllen. Im Schnitt wurden in der Champagne dieses Jahr über 20.000 kg pro Hektar geerntet. Das ist ein enorm hoher Wert. Es wurden aber nicht die hohen Reife- und Alkoholwerte der letzten Jahre erreicht. Die Grundweine der Champagne in 2023 sind leichter und frischer. Zum Teil fiel die Traubenreife jedoch geringer aus als erhofft und gewünscht. Chaptalisieren (Zugabe von Zucker, um den Alkoholgehalt anzuheben) war in 2023 wieder häufig notwendig. Sehr zufrieden sind die Winzer mit den Ergebnissen von Chardonnay. Schwierigkeiten hinsichtlich der Reife könnten Meunier und Pinot Noir verursacht haben. Noch ist nicht klar, wie sehr die aromatische Reife weniger gereifter Trauben gelitten hat. Das wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Wegen der großen Menge an Trauben sind viele Winzer aber in der Situation wählen zu können, mit welchen Weinen sie arbeiten wollen und welche sie verkaufen. Zudem eröffnen sich auch interessante Möglichkeiten des Verschneidens mit eingelagerten Grundweinen aus den warmen Vorjahren. 

Film von der Traube zum Saft

Champagne: Erntereport 2023

Witterungsverlauf in 2023

Das Jahr 2023 war von perfekten Bedingungen zur Blüte geprägt. Damit war der Grundstein für eine große Ernte gelegt. Im weiteren Verlauf der Wochen und Monate blieben Ereignisse, die den Ertrag sehr empfindlich verringern können, weitgehend aus: Frühjahrsfröste, die bis Anfang Mai auftreten können, setzten in 2023 kaum ein. In den vorhergehenden Jahren hatten Fröste lokal zum Teil zu sehr großen Einbußen geführt. Hagel gab es kaum. Über die gesamte Periode vom Austrieb bis zur Ernte, können Hagelstürme bei betroffenen Weinbergen bis zum Totalausfall führen. Die Pilzerkrankung Peronospora (Falscher Mehltau), die in 2021 im Vallée de la Marne zu furchtbaren Ernteeinbußen geführt hat, ist in der gesamten Champagne in 2023 kaum aufgetreten. Später, wenn es trocken und heiß wird, kann Oidium (Echter Mehltau) die Entwicklung der Trauben massiv stören. Besonders Chardonnay kann davon betroffen sein. Mitte August kam die Erkrankung in vielen Weinbergen der Champagne zum Vorschein. Doch sie konnte schnell und ohne große Schäden anzurichten, eingedämmt werden. 

Ende August und Anfang September blieb es sehr warm, an mehreren Tagen wurden über 30°C erreicht und immer wieder kam es zu starken Niederschlägen. Das waren ideale Bedingungen für Graufäule, welche durch den Schimmelpilz Botrytis Cinerea ausgelöst wird. Die Beeren saugen sich mit Wasser voll, die Haut wird dünn und empfindlich. Wenn die Haut aufplatzt, kommt es zur Fäulnis. Mit einem hohen Aufwand müssen bei der Ernte faule Stellen ausgeschnitten werden. Wird dies nicht getan, sinkt die Qualität der Moste deutlich. Botrytis Cinerea ist übrigens auch für die Edelfäule verantwortlich, die für Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen, für Sauternes oder Tokaji verantwortlich ist. Der Unterschied zur Graufäule ist, dass die Trauben beim Einsetzen des Pilzbefalls bereits ausgereift sind und dass feuchte (morgens) und trocken-warme (mittags) Bedingungen vorherrschen. 

Probleme konnte auch die Kirschessigfliege bereiten. Denn sie befällt nicht nur verletzte, sondern auch gesunde Trauben. Sie trägt zu einem schnellen und massiven Verfall der Früchte bei. Betroffene Trauben können von außen noch intakt aussehen. Beeren im Inneren können aber bereits betroffen sein. Erkennbar ist dies dann an einem Geruch, der an Essig erinnert. 


Selektion: Trauben, die nicht verwertet werden

Unreife Trauben 

Graufäule
 

Erntemenge 2023

In 2023 gab es eine außerordentlich große Menge an Trauben. Im Durchschnitt waren es in der Champagne mehr als 20.000 kg pro Hektar. Diese ist auf das Ausbleiben der beschriebenen, ertragsreduzierenden Ereignisse und die regelmäßigen sowie reichlichen Niederschlägen über die gesamte Witterungsperiode zurückzuführen. 

Hinzu kam, dass die Ernten in 2020 und 2021 sehr klein war. Es konnte also wenig Wein für die Champagnerherstellung erzeugt werden. Um dies auszugleichen, gibt es in der Champagne das System der Reserve Individuelle. Das besagt, dass jeder Winzer pro Hektar Weinberg, den er bewirtschaftet, zusätzlich Wein im Keller aus früheren Jahren aufbewahren darf. Diese Reserve Individuelle war bei vielen Winzern 2021 weitgehend aufgebraucht. Da auch die Ernte 2022 nicht besonders groß ausfiel, konnten viele Produzenten ihre Notbestände nicht, oder nur kaum erhöhen. Beim Winterschnitt und der Laubarbeit können Winzer entscheiden, wie viel neues Laub im Jahr entstehen wird und wie viel Trauben dadurch gebildet werden. Um die Reserve Individuelle aufzufüllen und besser gegen zukünftigen, möglichen Frost, Hagel und Fäulnis gewappnet zu sein, haben sich viele Winzer in 2023 für mehr Laub und Ertrag entschieden. 

Das Durchschnittsgewicht pro einzelner Traube lag in 2023 um 30% über dem Höchstwert der letzten 25 Jahre. Nur in 2018 wurde in den letzten 25 Jahren insgesamt noch mehr geerntet. 

Jedes Jahr Ende Juli wird der Höchstertrag an Trauben pro Hektar, der direkt zu Champagner verarbeitet werden darf, vom alles regulierenden Champagnerverband CIVC festgelegt. In 2023 lag er bei 11.400 kg pro Hektar und damit deutlich höher als 2022 (12.000 kg), 2021 (10.000 kg) und 2020 (8.000 kg). 

Man hat also auf die zu erwartend große Menge und die leeren Keller reagiert. Zusätzlich gibt es noch eine absolute Ernte-Obergrenze, die bei 15.500 kg pro Hektar liegt. Das bedeutet, dass jedes Jahr insgesamt nicht mehr als 15.500 kg pro Hektar geerntet werden darf. Davon dürfen 11.400 kg direkt zu Champagner verarbeitet werden. Die Differenz, 4.100 kg pro Hektar, kann in die Reserve Individuelle eingebracht werden. Diese Reserve Individuelle hat eine generelle Höchstgrenze. Pro Hektar Weinbergsbesitz darf der Wein von 10.000 kg Trauben aufbewahrt werden. Die Grenze wurde in 2023 von 8.000 kg auf 10.000 kg angehoben. Begründet wurde dies mit den zunehmenden Extremwettererscheinungen, die durch den Klimawandel hervorgerufen werden und sich deutlich auf die jährlichen Erntemengen auswirken können. 

Presse beladen bei Champagne Dehours

Anpressen bei Champagne Dehours

Most aus der Presse bei Champagne Dehours

Fast alle Winzer, mit denen ich gesprochen habe, sagten, dass sie den Höchstwert von 15.500 kg erreicht oder knapp erreicht haben und damit ihre Reserve Individuelle weiter auffüllen konnten. Damit sind sie hinsichtlich der quantitativen Ausbeute des Jahres 2023 sehr zufrieden. 

Lediglich Julien Launois von der Côte des Blancs gab an, dass er den maximal möglichen Ertrag zur Produktion nicht erreicht hat. Er meinte, er war in den letzten Jahren beim Düngen und Ersetzen abgestorbener Stöcke sehr zurückhaltend. Ihm kommt aber zugute, dass Chardonnay (seine Hauptrebsorte) in 2021 zu sehr guten Erträgen kam und seine Reserve nicht in dem Maß wie bei anderen Winzern zurückging. 

Zu hören ist aber auch, dass manche Winzer 25.000 kg oder gar bis zu 30.000 kg pro Hektar in den Weinbergen hängen hatten. Dies ist eher bei Betrieben, die keine eigenen Champagner erzeugen, sondern vom Verkauf der Trauben oder Weine an Häuser und Genossenschaften leben, der Fall. Die Mengen, die über 15.500 kg pro Hektar liegen, dürfen nicht verwertet werden. Somit ist zu sehen, dass Trauben entsorgt oder Weinberge nicht abgeerntet werden. Der ein oder andere Betrieb soll bereits mit den 15.500 kg insofern überfordert gewesen sein, dass die Kapazität an Tanks für den Most gerade so oder in Ausnahmefällen auch nicht mehr ausgereicht hat. 

 

Qualität des Jahrgangs 2023

Große Mengen führen nicht zu hohen Qualitäten. Das war vor zwei, drei Jahrzehnten gültig. Inzwischen haben sich zahlreiche Faktoren im Weinberg (Klima, etc.) und bei der Weinbergarbeit geändert. Zudem ist die Champagne eine kühle und niederschlagsreiche Region, wo höhere Mengen mit sehr guten Qualitäten erzeugt werden können. Ähnliches trifft im Übrigen auch auf Riesling in Deutschland zu. Doch stellt sich die Frage, ob die außergewöhnlich hohen Mengen an Trauben ausreichend reif werden konnten.

Beim Chardonnay sieht es sehr gut aus. Die von mir besuchten Winzer waren mit der Reife und dem damit einhergehenden potenziellen Alkoholgehalt sehr zufrieden. Auch die Säure bzw. der pH-Wert wurde als positiv bezeichnet. Somit ist 2023 von Chardonnay sehr viel zu erwarten. 

Anders sah es bei den roten Sorten aus. Insgesamt war zu hören, dass der in der Champagne vorgeschriebene potenzielle Mindestalkoholgehalt von 9 Vol.-% nicht immer erreicht werden konnte. Dieser wurde dann sogar von offizieller Seite auf 8,5 Vol.-% herab gesetzt. Trotzdem soll es zum Ablehnen bereits geernteter Trauben durch Häuser und Genossenschaften gekommen sein. Dieser extrem geringe Alkoholgehalt ist weniger bei qualitätsorientierten Winzern, als mehr bei Betrieben zu finden, die auf maximale Erträge in kg aus sind, da sie nach dem abgelieferten Gewicht bezahlt werden. Bei sehr hohen Traubenmengen pro Stock kommt es zu einer zu geringen Reife, Zuckerbildung und potenziellem Alkoholgehalt. 

Aber auch qualitätsorientierte Winzer konnten mit Meunier und Pinot Noir zum Teil nur knapp 9, 9,5 oder 10 Vol.-% erreichen. Das hat zur Folge, dass sie die Moste aufbessern, bzw. chaptalisieren müssen. Dies ist in der Champagne um bis zu 2 Vol.-% pro Liter erlaubt. Das bedeutet, dass jedem Liter Most vor der Gärung rund 30 Gramm Zucker hinzugefügt werden dürfen. Aus dem Mehr an Zucker entsteht zusätzlicher Alkohol, so dass ein mit 9,0 Vol.-% geernteter Most zum Grundwein mit rund 11,0 Vol.-% wird. Durch die zweite Gärung kommen dann nochmals 1,3 Vol.-% dazu und der fertige Champagner wird ca. 12,3 Vol.-% Alkohol haben. 

Mit dieser Situation sind Spitzenwinzer nicht sehr glücklich. Denn es fehlt nicht nur der Zucker, sondern vermutlich auch die aromatische Reife. Die Aromen bilden sich in den Trauben verstärkt im letzten Reifestadium aus. Zudem bringt Zucker Volumen ohne Geschmack und „verwässert“ somit ein Topprodukt. 

Doch gilt es zu bedenken, dass die allermeisten Champagner keine Jahrgangsweine sind. Das bedeutet, dass zum einen vollere und reifere Weine aus den Vorjahren zur Verfügung stehen können. Zum anderen können die Grundweine aus 2023 für die folgenden Jahre sehr positiv eingesetzt werden, falls diese, wie es zu erwarten ist, wie die Jahre 2018, 2019, 2020 und 2022 sehr kraftvoll und reif ausfallen werden. 

Die Reife der Trauben ist zudem sehr stark von den jeweiligen Weinbergen abhängig. Somit ist sie auch innerhalb eines Betriebes sehr unterschiedlich. Zu Beginn der Ernte gelesener Pinot Noir kann bei 9 Vol.-% liegen. Eine Woche später kann er bereits 10,4 Vol.-% haben. Der Zuwachs pro Tag vor der Ernte kann 0,2 Vol.-% ausmachen. Ein Südhang bringt deutlich mehr Reife, als ein nach Osten oder Norden ausgerichteter Weinberg. Viele unserer Winzer verarbeiten nicht alle Trauben zu eigenem Champagner, sondern verkaufen einen Teil oder gar Großteil des Mosts oder Weins. Dabei haben sie die Möglichkeit zu entscheiden, welche Weine sie selbst behalten und welche sie abgeben. 

Insgesamt ist es noch viel zu früh, um eine Einschätzung der Qualität des Jahres 2023 vorzunehmen. Mehr lässt sich ab Januar 2024, noch besser im Frühling 2024 sagen, wenn die Vin Clair, also die Grundweine für die Tirage, zur Verfügung stehen. Und ganz genau weiß man es in zwei bis drei Jahren, sobald die ersten Champagner mit Weinen aus 2023 auf den Markt kommen. 

Es wird vermutlich kein großes Jahr sein. Auch wenn ich schon vor einigen Wochen Vergleiche mit dem grandiosen Jahr 2002 gehört habe. Sehr gute Produzenten werden mit ihrer im Weinberg geleisteten Arbeit und ihren Möglichkeiten des Verschneidens mit Sicherheit sehr gute Champagner hervorbringen. 

Simon beim messen der Dichte - Champagne La Borderie

Simon prüft, ob der Most schon geärt - Champagne La Borderie


Retrousse bei Champagne Dehours: Unterbrechung des Pressvorgangs

Retrousse bei Champagne Dehours: Auflockern der angepressten Trauben

Die Winzer

 

La Borderie - Côte des Bar

Simon Normand ist mit der Ernte 2023 sehr zufrieden. Mit einem Team von 30 Erntehelfern war er 13 Tage mit dem Ernten beschäftigt. Das waren zwei Tage mehr als im Schnitt. Seine Helfer kommen aus Nordfrankreich und auch aus Italien: Viele davon aus der Gastronomie, die mal eine Ernte miterleben möchten. 

Der Ertrag lag bei 14.700 kg pro Hektar und etwas über der Höchstmenge für die direkte Produktion. Simon kann rund 200 kg pro Hektar für eine Reserve einlagern. 

Chardonnay und Pinot Blanc haben sich sehr gut entwickelt. Hier war er mit der Gesundheit und der Reife (11 Vol.-%) sehr zufrieden. Ungewöhnlich ist, dass er die weißen Sorten nach Pinot Noir erntet. Sonst sind die weißen eher früher dran. Doch Simon hat sich so entschieden, da die weißen Sorten weniger empfindlich gegenüber Graufäule sind und deshalb länger hängen bleiben können. Die Weine der weißen Trauben vergären in gebrauchten Barriquefässern. 

Pinot Noir hat von Beginn der Ernte von 8,9 Vol.-% bis auf 10,5 Vol.-% zugelegt. Die unreiferen Partien hatten eine vegetative Note, die weniger attraktiv erschien. Doch Simon hat die Möglichkeit, große Mengen an Wein zu verkaufen. 

Er muss Teile seiner Pinot Noir Weine chaptalisieren, da er erst ab 10,5 Vol.-% ohne auskommen möchte. 

Im Gegensatz zu manch anderen Winzern erzeugt er in 2023 auch Stillweine. Seine Coteaux Champenois haben beide (Chardonnay und Pinot Noir) 12 Vol.-%. Chardonnay vergärt wie die Champagner Grundweine in gebrauchten Barriquefässern. Der Pinot Noirs wird entrappt, erhält ein paar Tage eine Kaltmazeration bei 7°C und vergärt anschließend 15 Tage auf der Maische. 

 

Vincent Couche - Côte des Bar

Vincent Couche hat am 2. September mit der Ernte begonnen. Ein erheblicher Teil seiner Weinberge liegt in Montgueux, dem Bereich, der in 2023 als erstes mit der Ernte beginnen durfte. Nachdem dort die Chardonnay Trauben geerntet waren, kam der Pinot Noir um das Weingut in Buxeuil dran. Mit 30 Personen ist das Ernteteam für 15 Hektar nicht besonders groß. Es rekrutiert sich überwiegend aus Studenten aus Tschechien. Sogar Großmutter Couche ist mit dabei. Vincent hat es nicht eilig. Er setzt auf eine höhere Reife und höhere Alkoholwerte. Schließlich will er nicht chaptalisieren. Zudem kann er nicht alle Trauben verarbeiten, da auch er in seinen Weinbergen die Höchstmengen überschreitet. Die Trauben sehen im Vergleich zu manch anderen sehr gut aus. Der Befall an Graufäule ist in den Weinbergen, die ich gesehen habe sehr gering. Doch ein Vergleich ist sowieso schwierig. Fast alle Weinberge um die Parzellen von Vincent sind bereits abgeerntet. Er hingegen wird noch mehrere Tage zu lesen haben. 

Im Keller befindet sich „nur“ eine Presse. Mit 8.000 kg ist sie jedoch größer als bei vielen Kollegen. Die Presse wird zwei bis dreimal am Tag beladen. Der Most vergärt anschließend in Edelstahltanks und gebrauchten Barriques. Von denen hat Vincent 400. Hektik gibt es hier aber nicht. Es geht eher beschaulich und ruhig zu. Zwei Personen sind überwiegend mit Saubermachen beschäftigt. Hygiene im Keller (Fässer, Böden, etc.) ist ein Grundstein für klare und saubere Moste und Grundweine. 

Ernteteam bei Champagne Vincent Couche mit Vincents Mutter

Dehours - Vallée de la Marne

Jérôme ist mit dem Jahr 2023 zufrieden, sagt aber auch, dass es kein großes Jahr werden wird. Auch bei ihm bereitete Chardonnay keine Probleme. Die weiße Sorte macht aber nur einen kleinen Teil seiner Rebfläche aus. Meunier war schon etwas schwieriger. Das Team von 40 Erntehelfern hat großzügig selektiert und damit nicht vollständig reife Trauben, bei denen grüne Beeren dabei waren und von Graufäule betroffene Trauben aussortiert. In 10 Tagen war die Ernte erledigt. Das liegt im Schnitt. Wichtig ist jetzt gewissenhaftes Absetzen der Moste, damit vor der Gärung alle Schwebstoffe entfernt werden können. Gerade, wenn geringe Mengen an Graufäule im Lesegut enthalten sind, ist darauf sehr zu achten. Dann aber sind noch klare und saubere Moste zu gewinnen. In 2023 muss auch Jérôme einige Partien chaptalisieren, um die Mindestalkoholgehalte zu erreichen. 

Spektakulär ist, dass Dehours mit drei alten Coquart-Korbpressen arbeitet.

 

Guy Brunot - Grande Vallée

Die Champagner von Brunot waren die, die wir als allererste in unserem Programm hatten. Achim Wölfe und Nathalie Brunot betreiben den kleinen Betrieb in Dizy. 4,4 Hektar wurden von einem Team mit 22 Pflückern in 9 Tagen geerntet. Die Erntehelfer kommen überwiegend noch aus dem Dorf. Die Menge lag bei 15.500 kg pro Hektar. Somit konnte man rund 1.000 kg in die Reserve Individuelle einlagern. Probleme mit der Gesundheit hatte Achim kaum. Nur ganz wenig Graufäule und praktisch keine Essigfäule. Auch mit den Alkoholgraden ist er sehr zufrieden. Die meisten Parzellen lagen über 10 Vol.-%. Unter 9 Vol.-% gab es nur einen Weinberg. Aber auch Brunot ist in der Situation, Trauben, bzw. Grundweine verkaufen zu können und damit das abzugeben, mit dem er nicht arbeiten möchte. 

 

Paul Launois - Côte des Blancs 

Julien Launois startete am 7. September und erntete 12 Tage: Davon 8 Tage Chardonnay in der Côte des Blancs und 4 Tage Meunier im 50 Kilometer entfernten Vallée de L’Ardre. Er verfügt, wie Jérôme Dehours, über eine traditionelle Korbpresse. Diese fasst 4 Tonnen und braucht 3 bis 4 Stunden. Somit kann er 3 Pressen am Tag laufen lassen. 

Das Jahr verlief auch für Julien äußerst erfreulich. Nur in der ersten August-Hälfte gäbe es Anzeichen von Oidium. Doch diese konnten gebannt werden. Es gab hinsichtlich der Gesundheit der Trauben keine relevanten Probleme. 

Die Erntemenge bei Launois lag „nur“ bei 12.000 kg pro Hektar. Das liegt daran, dass er in den letzten Jahren wenig gedüngt und abgestorbene Stöcke nicht ersetzt hat. Daran wird er sich nächstes Jahr machen. Offensichtlich schmerzt ihn die verhältnismäßig kleine Ernte schon. 

Mit der Qualität ist Julien sehr zufrieden. Die Trauben sind aromatisch. Der pH-Wert ist ausreichend gering. Die Säure wirkt recht mild. Die Alkoholwerte liegen zwischen 11 und 11,7 Vol.-%! Julien wird mit den fertigen Champagnern dann also zwischen 12,5 und 13 Vol.-% liegen. Das ist viel, aber an der Côte des Blancs in den letzten Jahren nicht ungewöhnlich. Seine Herausforderung ist, dass seine Weinberge alle im „gleichen Eck“ sind und dass die Chardonnay Trauben dann alle mehr oder weniger gleich reif werden. Da Chardonnay recht schnell seine Säure verliert, müssten die Trauben schnell geerntet werden. Doch die Logistik hinsichtlich der Erntehelfer und der Presskapazität ist nicht darauf ausgelegt. Damit erhält Julien Trauben, die zum Teil hinsichtlich ihrer Säure moderater sind. Säure hinzufügen, was auch in der Champagner erlaubt ist, im Most oder im Jungwein, mag er dennoch nicht. Das hat er einmal ausprobiert und war mit dem metallischen Geschmack gar nicht zufrieden. 

 

Hugues Godmé - Montagne de Reims

Bei Hugues Godmé war die Chardonnay Ernte ebenfalls äußerst erfreulich. Menge, Reife und Gesundheit haben sehr gut gepasst. So berichtete es mir Lucille Godmé, die mehr und mehr die Verantwortung bei dem biodynamisch arbeitenden Betrieb übernimmt. 

Doch mit Pinot Noir und Meunier ist Lucille nicht glücklich. Man muss dazu aber auch sagen, dass sie sehr ehrgeizig ist und vier Wochen vor der Ernte alle Zeichen auf einen außerordentlich großen und hervorragenden Jahrgang hinwiesen. Selbst drei Wochen vor der Ernte hat alles gepasst. Lucille holt mit ihrem Vater Hugues regelmäßig kleine Mengen an Trauben ein und misst die Dichte und den potenziellen Alkoholgehalt. Alles sah super aus. Die Trauben waren gesund und die Dichte, die den Zucker angibt, stimmte. Im Meunier Weinberg Les Romaines beispielsweise haben sie 10 Tage vor der Ernte 8,9 Vol.-% potenziellen Alkohol gemessen. Bei einer Zunahme von 0,2 pro Tag hätten 10,9 erreicht werden sollen. Ein perfekter Wert! Doch als es dann ans Ernten ging und der Wert anschließend ermittelt wurde, lag er bei 9,0 Vol.-%. Ein Anstieg hat nicht stattgefunden. Regen, der die Zuckerkonzentration verwässern kann, war nicht nennenswert niedergegangen. Hugues ist wirklich ein alter Fuchs und weiß, was er tut. Die niedrigen Werte kamen für Familie Godmé wie ein Faustschlag. Lucille war entsprechend deprimiert. Klar, wird es noch sehr gute Champagner geben. Aber eben keine exorbitant guten, wie es schien, dass sie es hätte werden können. 

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